klären & lösen – Agentur für Mediation in Berlin

Mediation? Coaching? Supervision? Oder was?

Abgrenzung von Beratungsformaten | Newsletter 1/2018

Eine der Diskussionen, die in den letzten Jahren immer wieder geführt wurde, ist die Abgrenzung von Mediation zu anderen Möglichkeiten der Unterstützung von Kund/innen. Wo liegt die Grenze der Mediation zur Paarberatung oder der Paartherapie? Wo fängt eigentlich Coaching an, wenn wir in einer Mediation mit Geschäftsführern eines Unternehmens sind? Und wann machen wir eigentlich schon Organisationsberatung, wann sind wir noch in einer Mediation?

Wie wir es ja schon früher geschrieben haben (Newsletter 1/2016) sind wir Freunde der Trennung von Beratungsformaten. Dies zum einen, weil wir glauben, dass es den Kunden bei der Orientierung hilft, zum anderen weil es den Fokus unseres Tuns immer wieder scharfstellt.

Um diese Unterscheidungen treffen zu können, möchten wir auf die Blickwinkel schauen, die wir auf unsere Kunden richten. Wo liegt also der Fokus unseres Tuns? Wir möchten hier sieben Blickwinkel unterscheiden und diesen Blickwinkeln unterschiedliche Unterstützungsformate zuordnen:

Beratungsformate

Fokus auf den Umgang der Klienten miteinander

Dies ist das Feld der Mediation. Mediation klärt Störungen, die sich aus dem Miteinander ergeben, die alleine nicht mehr besprechbar sind, egal ob im Privatkontext oder im Arbeitsleben. Der Fokus der Mediation liegt aus unserer Sicht immer auf dem Umgang miteinander. Der Blick ist nur soweit in die Vergangenheit gerichtet, wie es notwendig ist einen Perspektivwechsel zu erreichen. Der Fokus liegt darauf die Zukunft zu gestalten, die nur gemeinsam zu bewältigen ist oder in der es zumindest eine zukünftige Abhängigkeit voneinander gibt - als Eltern gemeinsamer Kinder, in der Arbeit als Kolleg/innen oder als Geschäftspartner. Die Vereinbarungen, die in einer Mediation getroffen werden, können auf ganz anderen Ebenen liegen: Es können neue Strukturen sein, eine Regelung, wer wann die Kinder hat usw., der Fokus des Arbeitens in der Mediation ist aber die Art und Weise, wie die Kunden miteinander sprechen, was sie voneinander halten, wie sie sich sehen, kurz der Umgang miteinander.

Natürlich braucht es nicht jedes Mal, wenn es Störungen im Miteinander gibt, eine Mediation. Oft reicht auch ein klärendes Gespräch oder eine Moderation, in der auf die zu besprechenden Themen fokussiert wird. Oder es braucht erst einmal eine Selbstklärung in einer Konfliktberatung, in der individuell nach neuen Möglichkeiten des Umgangs miteinander gesucht wird.

Fokus auf die Funktion/en oder Rolle des Klienten/der Klienten

Hier liegt das Anliegen des Klienten darin, dass er oder sie Unsicherheiten oder Unklarheiten hat in Bezug auf die Erfüllung einer beruflichen Rolle oder Funktion. Eine Fragestellung könnte sein: Ich bin gerade in eine Leitungsfunktion gekommen und nun brauche ich Unterstützung darin, wie ich diese gut ausfüllen kann. Oder: Aus dem Team heraus bin ich in eine Leitungsfunktion aufgestiegen und frage mich, wie ich diese neue Rolle gut ausfüllen kann, ohne gewachsene Beziehungen zu gefährden. Hier würden wir Coaching empfehlen, um die Erfüllung einer Rolle oder einer Funktion im beruflichen Umfeld zu klären und Möglichkeiten für sich zu erarbeiten, die sowohl zum Job, zum Umfeld, als auch für einen persönlich passend sind. Aber auch darüber hinaus, bei der Klärung der Vereinbarkeit und Ausgewogenheit von Beruf und Privatleben insgesamt oder bei der Umgestaltung von (beruflichen) Lebenskonzepten ist Systemisches Coaching das richtige Format. In diesem Format stehen jedoch immer der gesunde Mensch und die Themen, die mit seiner Berufspersönlichkeit und seinen (unterschiedlichen) Rollen zusammenhängen, im Mittelpunkt.

Fokus auf das innere Erleben der Klienten

Dies ist aus unserer Sicht das Feld für therapeutische Interventionen. In diesem Format begleitet der Therapeut tiefgehend und das Ziel ist es, zu verstehen, wo Widerstände und Blockaden herkommen und diese bewusst zu verändern und zu heilen. Auch innerhalb der Therapie gibt es ja noch viele unterschiedliche Strömungen. Wir möchten hier nur einige nennen und den Kern darstellen, wie wir sie verstanden haben: In der Psychoanalyse ist die grundlegende Idee, dass durch unbewusste Faktoren, Entwicklungsdefizite und Traumata persönliche Konflikte entstehen, die der Patient in der Behandlung angeht, in dem er sich diesen stellt. Die Verhaltenstherapie hat den Kern, dass erlerntes Verhalten Probleme erzeugen kann und dieses Verhalten insbesondere kognitiv wieder „verlernt“ werden kann. In der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie steht der Klient im Mittelpunkt und nicht das Problem und darüber hinaus geht man davon aus, dass die Lösung des Problems im Klienten selbst liegt, nur verborgen ist und durch die Therapie sichtbar gemacht werden muss. Im Setting der Paartherapie geht es darum, die Beziehungsmuster und Orientierungen des anderen zu verstehen als etwas in seiner oder ihrer Biographie Erlerntes und mit den eigenen Strategien zu vereinbaren und somit eine konstruktive Form des Umganges miteinander zu finden. Allen Therapieformen gemeinsam ist die Annahme, dass die Patienten Symptome aufweisen, die durch eine tiefe Betrachtung und anschließende Heilung beseitigt oder gelindert werden können.

Fokus auf das Wissen der Klienten

In vielen Situationen im Leben benötigen wir Rat oder eine Erweiterung unseres Wissens, um weiter zu kommen. Dies reicht von relativ klaren Fragestellungen, wie der Steuerberatung oder einer rechtlichen Abklärung von Sachverhalten bis hin zum Lernen von neuen Fertigkeiten, die mir noch fehlen, um eine neue Stelle zu übernehmen. Nun gibt es sehr unterschiedliche Formen des Lernens: Das reicht von der Fachberatung zu einem bestimmten Thema bis hin zu Seminaren und Workshops mit Inputs und anschließender Reflexion.

Nun ist es so, dass Anteile von Instruktion auch in den anderen Unterstützungsformaten enthalten sein können. In der Mediation kann ich meinen Kunden auch mal ein Modell zeigen, wenn ich es für sinnvoll erachte, im Coaching kann ich meinen Kunden auch mal eine Hausaufgabe geben oder ihnen ein Buch empfehlen usw. Der entscheidende Punkt hierbei ist jedoch, dass dies kleine Interventionen sind, nicht das Hauptziel. Mit anderen Worten: Auf der Achse von Instruktion zu Reflexion des eigenen Tuns / Erlebens sind wir ganz deutlich von dem Pol Instruktion entfernt.

Fokus auf die Arbeit der Klienten mit deren Kunden

Der Fokus der Supervision ist die Verbesserung der Arbeit von Profis mit ihren Kunden. Hier geht es also um Fragen der Qualität und der Weiterentwicklung der Arbeit, um Störungen, die sich aus der Arbeit mit den Klienten ergeben, um die Weiterentwicklung von Standards des Tuns. Und es kann, wie schon gesagt, auch um kleine Störungen des Miteinanders gehen. Diese werden aber eher als Anzeiger für eine Unklarheit in Bezug auf Abläufe in der Arbeit mit den Klienten genommen und als Chance der Weiterentwicklung genutzt. Massive Konflikte untereinander im Team, die den Blick von den Kunden weg und nur zu den Kolleg/innen hin wenden, sind hier nicht bearbeitbar. In der Literatur zu Supervision wird für die Fälle deshalb auch von einem notwendigen Formatwechsel gesprochen, also hin zu einer Mediation.

Fokus auf Organisationsstrukturen

In der Auftragsklärung oder in der Arbeit mit den Klienten kann sich herausstellen, dass die Strukturen, in denen oder mit denen die Klienten arbeiten, nicht funktional sind. Die Klienten benötigen also eine Unterstützung bei der Erarbeitung passenderer Strukturen und Abläufe zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Das passende Beratungsformat wäre hier Organisationsberatung. Hier ergibt sich die Chance, einmal in Ruhe auf das Ganze zu schauen und nach einer Analyse des Gegenwärtigen eine Klarheit über den gewünschten Zustand eines Systems zu erlangen. Wenn das Ziel klar ist, können die einzelnen Schritte dahin beschrieben und geplant werden. Der Prozess des Wandels gelingt dann am besten, wenn er transparent gestaltet wird und alle Beteiligten aktiv daran partizipieren können.

Fokus auf die Gesundheit des Klienten, auf das physische System des Klienten

Ob ich mich krank oder gesund fühle, hängt von vielen Faktoren ab. Ein schlechtes Arbeitsklima oder Konflikte machen Menschen krank, die sich psychisch und körperlich manifestieren können. Supervision kann auf einer niedrigen Eskalationsstufe Konflikte, die sich im Arbeitsleben ergeben, besprechbar machen und heilen. Coaching kann ein Unwohlsein mit einer neuen Rollen beheben, Mediation manifeste Konflikte klären und Organisationsberatung krankmachende Strukturen beseitigen helfen, manifeste körperliche Symptome bedürfen jedoch einer ärztlichen Intervention um Heilung zu erzielen.

Wenn wir im Verlauf unserer Arbeit feststellen, dass die Kunden etwas anderes brauchen, entweder weil die Themen doch andere sind als anfänglich gedacht oder weil sich im Verlauf des Prozesses herausstellt, dass nun etwas anderes benötigt wird, spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, das Format zu ändern, solange dies uns und den Kunden transparent gemacht wird. Also: „Den Mediationsteil haben wir nun erledigt, nun könnte ich Ihnen, wenn Sie das möchten noch Folgendes anbieten.“ Dies erlaubt den Kunden bewusste Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung für ihre Belange bleibt konsequent bei ihnen. Und uns ermöglicht ein solches Vorgehen immer zu wissen, mit welchem Fokus und welchem Auftrag wir gerade arbeiten.

(Michael Cramer)